Freitag, 26. Januar 2007

queer.de zur lage von homosexuellen irakern ebendort. (plus anmerkung)

als schwuler sogenannter kulturanthropologe in der tradition eines kritischen hubert fichte, aber ein paar jahre spaeter geboren, der immer versucht, möglichst beide seiten, und wenn möglich mehr, einer geschichte zu verstehen, weiss man manchmal ehrlich gesagt nicht mehr, wo einem der kopf überhaupt noch stehen soll. dieses mal beziehe ich mich, wenn ich das sage, auf das 'systematische auslöschen' von "queers" im irak laut diesem schon etwas aelteren, jetzt aber erst gelesenen queer.de-artikel, in dem dieses unter anderem auf den im irak wachsenden einfluss des iran zurückgeführt wird. Allein von 70 entführungsopfern in den letzten 2 monaten spreche die kleine bagdader aktivistengruppe "ein Regenbogen für das Leben" und deren sprecher mustafa salim sage: "Wir wissen sicher, dass die Getöteten wegen ihrer sexuellen Orientierung ausgewählt wurden". was sagt man nun dazu? was kann einem dazu einfallen? dass es stimmt, kann man sich, kann ich mir ehrlich gesagt gut vorstellen. dass es die "typische orientalisierende propaganda auf seiten bushs und israels" ist - dazu will man erst mal nur anmerken, dass der artikel durchaus ausdrücklich auch auf permanent unterlassene hilfeleistung von seiten amerikanischer sicherheitskraefte hinweist. sowie, dass ein schwuler iraker zwar einraeumt, saddam hussein sei ein tyrann gewesen, "aber immerhin hatten wir etwas Freiheit unter ihm. Heutzutage werden Schwule ohne jeglichen Grund getötet." soviel zur 'westlichen voreingenommenheit' des queer-autors.
und nun? lösungsvorschlaege? was gilt es zu tun..?
keine ahnung. abschliessend kann ich dazu überhaupt gar nichts sagen.

vielleicht aber doch trotzdem noch eine position dazu aus dem forum, die mich ob ihrer dümmlichen arroganz diesmal nicht lachen, sondern tatsaechlich stinksauer machte, da sie letzten endes für eine allgemeine tendenz unter den postern da spricht:

snoopy schreibt am 19.04.2006, 16:16:19 Uhr:
Hallo allerseits.

Ich frage mich nur wieso Deutschland immer wieder solche Länder unterstützt bzw. Hilsmittel (Geld,Sachleistungen) runterschickt.

Die 2 Entführten Deutschen die im Irak waren um beim Aufbau zu helfen.Was haben Sie jetzt davon.Und die Familie und Freunde der betroffenen.

Sofortiger STOP aller Hilfsleistungen.


hierzu gibt es folgendes zu sagen:

1. foren sind ganz allgemein kaum noch orte, an die man sich trauen kann, ohne dass einem da auf schritt und tritt der grösste verbale dreck um die ohren geworfen wird (auch das ein gemeinplatz, darum schluss damit).

2. wieso also "schickt" deutschland immer wieder einen kleinen teil seines geldes (der für dieses und andere laender oft tatsaehlich grösser ausfallen könnte) unter anderem für bildungs- und infrastrukturelle aufbauprogramme in "solche laender runter"?
dass es menschen "dort unten" gibt, denen es ganz einfach allgemein um einiges schlechter geht, als sich ein deutschschwuler snoopy vielleicht vorstellen kann (auch wenn ich es ganz genauso zum kotzen finde, dass nichtheterosexuelle unter diesen mittlerweile eine besonders beliebte zielscheibe abgeben), und dass dieser zustand nicht natur gegeben ist, dass dieses geld also im idealfall vielleicht dazu dienen koennte, u.a. im irak letztlich für alle ein besseres leben zu ermöglichen, das könnte eine mögliche antwort auf dessen frage sein. er könnte auch mal einfach bei wikipedia wahlweise unter dem stichwort development - oder humanitarian aid nachschlagen. Die peanuts kennt er, englisch wird er wohl sprechen.

3. es gab mal eine zeit, da gab es gerade unter schwulen eine lange liste von (vielleicht nur vereinzelten) personen, die, da sie wussten, 'anders' und deshalb in einer schwaecheren position zu sein (und darüber hinaus mit einem überragend kritischen verstand gesegnet), für diese schwaechere position auch bei leuten sensibilisiert waren, die nicht direkt und einzig und allein zu ihrem sexuellen einzugsgebiet gehörten. zu nennen waeren hier klassischer weise leute wie fassbinder, pasolini, goytisolo, genet, fichte, allen ginsberg oder james baldwin. (ausser letzterem übrigens alle 'weiss' und allein das zeigt scheint schon, dass seit dem postcolonial turn die welt mittlerweile erfreulicherweise etwas bunter geworden ist). und tatsaechlich gibt es solche sozial und kulturell etwas sensibler denkenden nichtheteros ja immer noch. aber wie sehr gerade in dieser ja selbst mal zum seitenstrom der geschichte gehörenden subkultur mittlerweile eine solch bornierte, nur den eigenen plüsch covernde mainstreamhaltung einziehen konnte, in der die snoopys an jeder ecke ihre durchaus ernst gemeinte und ganz 'unschuldige' meinung zum besten geben können, frappiert mich manchmal ehrlich gesagt mehr als nur ein wenig. klar, dabei will hier gegen echten queeren aktivismus durchaus nichts gesagt sein, und natürlich schützt ein jeder erstmal ganz 'instinktiv' seine eigene gruppe. aber hat man deshalb das recht, ein ganzes land in sippenhaft zu nehmen? oder ihm den hahn abzudrehen, aus dem die hilfeleistungen kommen? vielleicht heisst eine solch total hirnverbrannte kurzschlussreaktion, wie sie hier von diesem comic-hund geaeussert wurde, ja letztlich auch konsequenter weise, den im irak lebenden homos den hilfeleistungshahn gleich mit abzudrehen - und vielleicht würden diese darüber hinaus auch gar nicht mit einem, der solches sagt, in eine grosse rainbow community aufgenommen werden wollen, da er mit einem einzigen satz die gesamte kultur, das land und die familien aus denen diese stammen, für der unterstützung unwert erklaert. plaff. ganz einfach.

...hiermit bin ich aber vom eigentlichen artikel abgekommen. bei dem wusste ich naemlich wirklich nicht, was ich sagen sollte. das ist eine information, zu der einem erstmal nichts vernünftiges einfaellt, ausser vorschablonierten reaktionswörtern wie vielleicht 'furchtbar' oder so.
dass man tatsaechlich empört war, darüber, wie in diesem land, nun für alle immer offensichtlicher, schwule behandelt werden. taeglich - dazu fehlen einem wieder die konkreten worte, weil man nicht weiss, was denen dann folgen sollte.
deswegen ist es sehr viel leichter auf reaktionen, die auf die eigentliche information folgten zu reagieren. diese als völlig idiotisch zu torpedieren. aber was hilft das.
der vom iran aus predigende, auesserst einflussreiche
ayatollah sistani ruft auch laut bbc auf seiner internetplattform zu folgendem auf: "Those who commit sodomy must be killed in the harshest way". - und wird hierbei wie gesehen auch im nachbarland irak nur allzu willig erhört.
wieso aber, so fragt ein vielleicht ja letztlich doch hoffnungsloser idealist, wieso sollte jemand, dem es eigentlich gut geht, jemand der keine grossartigen probleme hat, wieso sollte so jemand, sollte ein ganzes land, und das auch noch, ohne sich im geringsten schuldig zu fühlen, solchen parolen folgen - auf noch schwaechere eine solche hetzjagd machen? und: wieso spielt bei dieser ganzen gewalt gegen schwule da die propaganda, homosexualitaet sei eine aus dem westen importierte krankheit, eine immer groessere rolle?
und: wieso erschiesst ein arbeitsloser 17jaehriger aus dem tiefsten osten der türkei einen pazifstischen journalisten in istanbul, weil der seiner meinung nach gesagt habe, 'die türken haben schmutziges blut'?

was weiss ich!

ich wüsste es aber gern. wirklich.

übrigens, manchmal scheinen sich die grossen in ost und west ja herrlich einig zu sein:
In a reversal of policy, the United States on Monday backed an Iranian initiative to deny United Nations consultative status to organizations working to protect the rights of lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) people.
mehr dazu bei human rights watch...

Keine Kommentare: